Reinhard Spieler „Missing Link“- Katalog FEHLFARBEN, 2004
Reinhard Spieler „Missing Link“- Katalog FEHLFARBEN, 2004
Wolfgang Koethes Malerei liegt ein ganz spezielles Verhältnis zur Farbe zu Grunde, das eine eingehendere Auseinandersetzung lohnt. Auf den ersten Blick täuscht die vermeintlich leicht zu lesende Figuration seiner Bilder ein wenig. Doch schnell stellen sich angesichts der Bilder Irritationen ein. Die Szenen und Figuren hinterlassen ein merkwürdiges Gefühl der Leere und Befremdlichkeit. Trotz Figuration verweigern sie eine schlüssige Bilderzählung, immer scheinen ausgerechnet zentrale Bildelemente zu fehlen, welche die Zusammenkunft und Konstellation der Personen erklären und in einen logischen Zusammenhang bringen können. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht somit ein „missing link“, etwas, was gar nicht vorhanden ist, das fehlende Glied in einer Kette. In früheren Arbeiten war dies etwa ein Gerät oder eine Last, die von Leuten transportiert wurde. Koethe zeigte die Leute tragend aber eben ohne Last, so dass die Haltung absurd und unerklärlich erschien. Auf seinen aktuellen Arbeiten wird der Entzug eines Motivs nicht so unmittelbar deutlich, aber auch hier wählt er die Perspektiven so, dass die Konstellationen sich nicht unmittelbar erklären lassen, er reduziert das Inventar seiner Szenen auf wenige Elemente. Gerade diese „Fehlstellen“ ermöglichen es dem Betrachter allerdings, die innere Logik der Szene neu zu ordnen und zu interpretieren, die narrativen Strukturen individuell jeweils neu zu entwickeln.
Mit seiner Maltechnik hat Koethe eine eingängigeMetapher für seinen Umgang mit der Wirklichkeit gefunden. In einem ersten Arbeitsschritt legt er die Komposition, also die Konstellation von Gegenständen und Figuren, als Grisaille in Acrylfarben an. Er entzieht der Wirklichkeit erst einmal das, was ihre Lebendigkeit ausmacht: die Farbe. „Sämtliche Arbeit am Plot, an der Geschichte, an der Erzählung findet hier statt,“ erklärt der Künstler selbst. Der motivische Entzug der verbindenden, erklärenden Mosaiksteinchen findet als im Entzug der Farbe seine Entsprechung. Das weitere Vorgehen beschreibt er als schrittweise Umwandlung des Plots in ein Werk, das nach rein koloristischen Gesichtspunkten entwickelt wird: „ Als nächstes reibe ich die erste Schicht beinahe unverdünnter Ölfarbe mit einem Schwamm auf die Leinwand. Die Untermalung erscheint dadurch wie hinter einem farbigen Schleier. Dann wische ich die Farbe von den Knoten der Leinwand wieder weg. Die Farbe sitzt dann in den Räumen zwischen den Knoten, die Knoten selber sind hell und geben dadurch den nachfolgenden Schichten Licht. Die farbige Grundstimmung des Bildes wird so angelegt“.
Erst dann folgt die weitere Ausmalung, die farbige Gestaltung einzelner Partien in vielen übereinander liegenden Lasuren. Das „Missing Link“ wird gefüllt mit Farbstimmungen und Farbklängen, die vordergründig unabhängig von der Geschichte und ihrem Gegenstandsbezug sind, die aber unterschwellig die Wahrnehmung